Wie aus leeren Läden, lebendige Lieblingsplätze werden – aktives Leerstandsmanagement für eine lebendige Altstadt
Kurzfassung:
Die Altstadt Mindelheims steht durch zunehmenden Leerstand vor Herausforderungen. Der klassische Einzelhandel wird sich laut Expertenmeinungen immer mehr zurückziehen, zentrale Gebäude wie das, in dem der Drogeriemarkt Müller eingemietet ist, könnten bald leer stehen. Um dem entgegenzuwirken, braucht es ein aktives Leerstandsmanagement mit klaren Visionen und konkreten Konzepten für die Zukunft der Innenstadt. Statt reiner Verwaltung sind kreative Ideen, intensive Bürgerbeteiligung und intensiver, direkter und langfristiger Dialog mit Eigentümern und potenziellen Nutzern gefragt. Städte wie Hanau machen es vor: mit digitalen Plattformen, Förderprogrammen, Zwischennutzungen und einer aktiven Rolle der Stadtverwaltung. Auch Mindelheim muss das Thema jetzt verstärkt angehen, Bürokratie abbauen und in flexible, zukunftsfähige Innenstadtkonzepte investieren – für eine lebendige, vielfältige Stadtmitte.
Langfassung:
Die historische Altstadt ist das Herzstück Mindelheims – charmant, außergewöhnlich und ein echter Publikumsmagnet. Doch dieses Juwel bekommt Kratzer: Der Leerstand greift um sich. Schon jetzt stehen in der Kornstraße und Maximilianstraße mehrere Gebäude seit längerem leer – eine Entwicklung, die unsere Innenstadt langfristig schwächen kann.
Besonders deutlich wurde die Problematik, als die Entscheider der Drogeriemarktkette Müller überlegten, den Innenstadt-Standort in Mindelheim aufzugeben. Zum Glück konnte man den Müller Markt halten – vorerst. Doch was passiert, wenn das große Gebäude irgendwann leer steht? Genau deshalb braucht Mindelheim jetzt ein echtes Konzept, wie die Innenstadt in Zukunft belebt bleiben kann oder sogar noch lebendiger wird.
Innenstädte der Zukunft sind vor allem Orte der Begegnung
Denn - ob wir wollen oder nicht - mittelfristig wird der klassische Einzelhandel weniger werden. Ketten und Kaufhäuser verschwinden, der Online-Handel wächst. Experten sehen daher neue Chancen für Innenstädte als Orte der Begegnung: Cafés, Kultur, Büchereien, Bars, Sportangebote, Co-Working-Spaces, Jugendzentren, Seniorentreffs und Orte, an denen sich Menschen begegnen, sorgen in Zukunft für belebte Innenstädte. Größere Städte gehen beispielsweise dazu über, Angebote wie Kletterhallen von den Gewerbegebieten in leerstehende Kaufhäuser in die Innenstädte zu verlagern. Wenn wir selber bestimmen wollen, wie unsere Innenstädte aussehen sollen, müssen wir darauf aktiv hinwirken
Visionen, Ideen, Konzepte
Was es braucht: Ideen und Visionen! Wie soll beispielsweise die Fußgängerzone in der Kornstraße aussehen? Darüber muss man sich Gedanken machen und ein Konzept erstellen: Welche Geschäfte und Einrichtungen sind bereits da, was fehlt noch? Wie bekommen wir das, was wir wollen? Dass die Anwohner und aktuellen Ladenbetreiber dabei mit im Boot sein müssen, ist klar. Aber auch die interessierte Bevölkerung muss die Möglichkeit haben, ihre Meinungen und Ideen einzubringen: Umfragen, Ideen-Boards, Online-Votings etc. sind einfache Möglichkeiten, gemeinsam die Fußgängerzone neu zu denken. Wir plädieren dafür, auf die Leerstandseigentümer einzeln und intensiv zuzugehen, mit ihnen immer auszuloten, welche Möglichkeiten sie sehen, welche Wünsche und Bedürfnisse sie haben, welche Vorstellungen die Stadt hat, welche Bedürfnisse die Bürgerinnen und Bürgern haben.
Das Leerstandsmanagement sollte aktiver gestaltet werden
Bisher wird der Leerstand in Mindelheim noch zu wenig aktiv gestaltet: Gebäude werden erfasst, Eigentümer angeschrieben, Leerstandsinteressenten, die sich melden, an Eigentümer vermittelt, nur sehr wenige Exposés und Kontakte zu Leerstandsimmobilien im Netz werden veröffentlicht. Hier sollte, unserer Meinung nach, mehr geschehen. Es braucht Ideen, Beteiligung und gezielten Dialog – sowohl mit den Eigentümern, den Anwohnern, als auch mit möglichen neuen Nutzern wie Startups, Pop-up-Stores, Vereinen, (Kultur-)Initiativen, Ladenbetreibern mit neuen Ideen. Diese muss man anziehen, für Mindelheim begeistern und mit offenen Armen empfangen. Auch Beteiligungsformate wie Umfragen, Ideen-Workshops, Online-Votings sind wichtig, um gemeinsam eine Vision zu entwickeln.
Paradebeispiel und Vorreiter: Die Stadt Hanau
Andere Städte zeigen, wie es funktionieren kann: Hanau zum Beispiel ist das Paradebeispiel für Leerstandsmanagement. Die Stadt bringt Leerstandseigentümer und Interessierte ganz einfach und ressourcenschonend digital und vor Ort zusammen, fördert kreative Zwischennutzungen durch gezielte Ansprache und unterstützt neue Geschäftsideen finanziell. So werden leere Läden zu lebendigen Orten.
Ideen holen von denen, die Erfahrungen gesammelt haben
Mindelheim muss das Rad nicht neu erfinden: Ideen und Erfahrungen gibt es bereits viele. Andere Städte wie Hanau oder auch die bayerische Kleinstadt Burghausen beschäftigen Leerstandslotsen/Leerstandsmanager/Altstadtkümmerer, die sich um Vermittlung, Fördermittel und kreative Nutzung kümmern. Sie mieten Leerstände im Namen der Stadt an und geben sie vergünstigt weiter an Startups, Pop-up Stores oder mutige Geschäftsideen – eine echte Chance für Neues.
Parkplatz-Satzung ist ein Innovations- und Investitionsstopper
In Mindelheim hängen wir an einem Investitions- und Innovationsstopper wie einer Parkplatz-Satzung fest: Wer einen Leerstand neu nutzen will, muss eine entsprechende Zahl an Parkplätzen nachweisen. Da die in der Innenstadt meistens nicht vorhanden sind oder hergestellt werden können, muss man sie ablösen: 5000€ pro Parkplatz (2500€ vergünstigt), den es dann aber nicht gibt, den dann man nirgendwo hat. Eine Investition, die dem Projekt nichts bringt. So gibt man gerne schon mal fünfstellige Beträge für “nichts” aus, bevor man das erste Mal den Schlüssel seines Ladens rumgedreht hat. (Um-)Bauen wird somit teurer, das finanzielle Risiko für das eigene Geschäft größer. Ein Willkommensbonus in Form von Mietzuschüssen und Marketing-Mitteln nach Hanau-Vorbild oder wie es Lohr am Main beispielsweise macht, wäre stattdessen zielführender und sinnvoller, wenn man den Leerstand tatsächlich verhindern will.
Aktive Leerstandsmanagement kostet - ist aber eine Investition in die Zukunft
Ja, aktives Leerstandsmanagement kostet: Zeit, Personal, Geld. Den Nutzen und den Rückfluss sieht man nicht sofort. Aber es schafft neue Arbeitsplätze, sorgt für die Ansiedlung kleinerer und größerer Unternehmen, beflügelt die Gewerbesteuer, bringt Kaufkraft in die Stadt, verbessert insgesamt die Lebensqualität und die Kreativität einer Stadt und verhindert die schleichende Verödung der Innenstadt. Wir sind der Meinung: Es ist eine lohnende Investition in die Zukunft unserer Innenstadt – und damit in das Herzstück Mindelheims.
5 zentrale Schritte für aktives Leerstandsmanagement:
- Vision & Planung:
Eine klare Zielvorstellung entwickeln, wie die Innenstadt in Zukunft aussehen soll – basierend auf Bestandsaufnahme, Bedarfsanalyse und Stadtbild-Konzept.
- Bürgerbeteiligung & Transparenz:
Anwohner, Geschäftsleute und Bürger aktiv einbeziehen – durch Umfragen, Ideenwerkstätten und digitale Beteiligungsformate.
- Proaktive Eigentümeransprache:
Leerstandseigentümer regelmäßig kontaktieren, beraten und gemeinsam Nutzungsmöglichkeiten entwickeln.
- Gezielte Ansprache neuer Nutzer:
Startups, Pop-up-Stores, (Kultur-)Initiativen, Gastronomen etc. gezielt ansprechen, unterstützen und mit offenen Armen und attraktiven Bedingungen gewinnen.
Strukturen & Förderinstrumente schaffen:
Leerstandsmanager einsetzen, Fördergelder nutzen, rechtliche Hürden wie Parkplatzsatzungen und Lärmschutzverordnungen anpassen oder abbauen, kreative Zwischennutzungen ermöglichen und gegebenenfalls Leerstände temporär selbst anmieten.